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Der Barbie-Film

Zugegeben, es ist nicht so, dass ich ich darauf brannte, mir unbedingt dieses vermeintliche zeitgeistpropagandistische kineastische Machwerk anzusehen. Eigentlich habe ich eine gesunde Aversion gegen vom Mainstream bombastisch gehypte Erzeugnisse, die nach einer kurzen Hochphase genau so schnell wieder in der Bedeutungslosigkeit verschwinden.

Allerdings kam ein entscheidender Aspekt zum Tragen: Ich konnte in Rezensionen und Filmkritiken über den Barbie-Film diametral entgegengesetzte Interpretationsansätze finden. Die einen sahen im Film erwartungsgemäß ein propagandistisches Machwerk, das sich nahtlos in das feministisch dominierte Hollywood-Narrativ einreiht und junge Teeniehirne mit Zeitgeistmüll zuschüttet. Interessanterweise gab es aber auch Gegenstimmen, die darin gar ein basiertes Plädoyer für die traditionelle Männlichkeit sahen. Kaum etwas hätte mich mehr überraschen können.

Wieder andere sahen das Ganze sehr differenziert; zum Beispiel die immer für einen interessanten Take zu habende YouTuberin ShoeOnHead. Sie leitet ihr Video mit einem argen Verriss von konservativen Größen ein, die kein gutes Haar an dem Film über die berühmteste Puppe der Welt lassen. Das Urteil der YouTuberin über den Film ist jedoch sehr ausgewogen, fair und interessant.

Ein ausschlaggebender Punkt für mich war – neben dem Partnerzwang, den meine bessere Hälfte ausgespielt hat – mein Prinzip, dass ich mir grundsätzlich selbst ein Bild von Dingen machen will, bevor ich über sie urteile. Sicher, es gibt auch hundertprozentige Propaganda, die nur zum Ziel hat, die Hirne der Massen zu waschen. In einem solchen Fall wäre das Betrachten tatsächlich Vergeudung kostbarer Lebenszeit. Bei Barbie hatte ich allerdings – wie ich im Nachhinein finde, berechtigte – Zweifel.

Inhalt des Barbie-Films

Spoiler-Alarm! In diesem Abschnitt bitte nicht weiterlesen, wenn man sich ohne Vorwissen auf den Film einlassen will.

Der Inhalt des Barbie-Films ist schnell erzählt: Die Protagonistin ist die prototypische Barbie, die in Barbieland lebt, einer rosadominierten Fantasiewelt aus Plastik. Dort herrscht so etwas wie das Matriarchat, eine Herrschaft von Barbies ohne männliche Teilhabe. Die Männer in Barbieland – die Kens – sind stets nur Beiwerk. Barbies bestimmen über das Geschehen – sei es als Bauarbeiterinnen (haha!), Pilotinnen, Politikerinnen und Präsidentin oder Postbotinnen. Das – in diesem Fall durchaus legitime – feministische Botschaft, dass Frauen alles werden können, was sie wollen, wird hier jedem Zuseher aufs Auge gedrückt. Geschenkt.

Eines Tages merkt die Hauptdarstellerin, dass etwas mit ihr nicht stimmt. Sie geht zu einer seltsamen Barbie, einer Art Schamanin, die ihr diagnostiziert, dass ein Mädchen in der realen Welt, das mit ihr spielt, traurig ist. Um wieder normal zu werden, muss Barbie in die reale Welt reisen, um dort das Mädchen zu finden, das mit ihr spielt. Ken begleitet sie dabei.

Bei der Begegnung Barbies mit einem Mädchen stellt sich heraus, dass es eigentlich dessen Mutter war, die mit ihr gespielt hatte. Die drei reisen nach Barbieland zurück, woraufhin sie feststellen, dass sich einiges verändert hat: Nun geben nicht mehr die Barbies den Ton an, sind Ärztinnen, Politikerinnen oder Astronautinnen, sondern bringen den Kens Drinks und massieren ihnen die Füße. Sie stellen fest, dass sich der Hauptrollen-Ken bei seiner Reise in die reale Welt die typisch männlichen Stereotype abgeschaut und in Barbieland die anderen Kens davon überzeugt hat, eine Art “Patriarchat” zu etablieren.

Die nun unterwürfigen Barbies können nicht anders, als sich vorrangig um die Kens zu kümmern. Nach einer frauenrechtlerischen Standpauke der Mutter wird eine der Barbies “deprogrammiert”. Nun wenden die Frauen gemeinsam diese Technik an, um auch die restlichen Barbies zu deprogrammieren, bevor die Kens die Verfassung von Barbieland ändern können und damit Barbieland in Kenland zu verwandeln. Das gelingt ihnen auch.

Der Film endet damit, dass sich Barbie entscheidet, ein Leben in der realen Welt als echte Frau zu führen.

Analyse des Barbie-Films

Um es vorwegzunehmen: Der Barbie-Film ist zweifelsohne durchtränkt von feministischen Klischees. Wie in obigen Video angemerkt, wäre jeder auf dem Holzweg, der etwas anderes erwartet hätte. Allerdings werden diese (meist) nicht mit erhobenem Zeigefinger dem Zuseher eingehämmert; sie beschränken sich größtenteils darauf, zu zeigen, dass Frauen dazu in der Lage sind, alles zu tun, was sie sich vornehmen.

Der Film ist zeitweise recht moralisierend. Auffällig ist, wie flach und einförmig sowohl die Kens als auch sämtliche andere männliche Rollen dargestellt werden. Dementgegen sind Frauen die Anpackerinnen, die Probleme lösen und für ein harmonisches Zusammenleben sorgen.

Die Ausgestaltung des utopischen Barbielands zu Beginn ist geradezu putzig. Es handelt sich um eine weltfremde Apotheose des Matriarchats; es herrschen paradiesische Zustände in dieser perfekten Welt, die ausschließlich von Frauen ausgestaltet und betrieben wird. Die Kens sind in dieser Welt nichts als nutzloses Beiwerk.

Insbesondere die Philippika, die seitens der Mutter losgelassen wird, ist nichts weiter als das Wiederaufwärmen von altbekannten Lamentos: Die Erwartungen an Frauen seien zu hoch und zu widersprüchlich. Das sei es, was Frauen so unglücklich mache. Es existiert sogar ein – offenbar positiv gemeintes – Video, das wohl als Inspiration für alle Frauen dienen solle:

Bemerkenswert die Formulierung im Titel that resonates with every woman – die jede Frau anspricht. Augenscheinlich wird hier mal eben die gesamte Frauenschaft über einen Kamm geschoren. Wie für den Zeitgeist kennzeichnend handelt es sich hier um eine himmelschreiende Verallgemeinerung, ohne auch nur den Hauch einer Differenzierung zuzulassen.

Bezeichnend sind hier die Zitate (übersetzt aus dem Englischen von G. C.) über das Geschlechterverhältnis:

Du musst dich [als Frau] für das schlechte Verhalten von Männern verantworten, was wahnsinnig ist; wenn man aber darauf hinweist, wird es dir übel genommen, dass du dich beschwerst. Denn du sollst dich für Männer hübsch machen – aber nicht so hübsch, dass du sie in Versuchung führst; sonst bedrohst du andere Frauen. Denn du sollst einerseits Teil der Schwesternschaft sein, aber andererseits immer hervorstechen.

Wie überhaupt im Film wird ständig lamentiert, dass es ja so schwer für Frauen sei, einfach Frau sein zu dürfen. Diese besondere Art der Larmoyanz, zu unterstellen, dass man es, egal, was man auch tut, niemandem je recht machen könne, ist schon ein klar mit dem weiblichen Geschlecht verbundener Topos.

Man hat beim Barbie-Film immer den Eindruck, dass hier mit feministischen Klischees gearbeitet wird. Allerdings – und das ist diesem Film zugute zu halten – geschieht dies eher subtil. Mit Ausnahme des obigen, weitschweifigen Monologs ist der Film auch nicht besonders langweilig. Man bekommt keine Ethno-Quote oder Transsexuelle oder Behinderte zwanghaft aufs Auge gedrückt. Ein paar Gags sorgen für Lacher.

Die Frage, die sich mir als unvoreingenommener Beobachter stellt, ist vor allem folgende: Was ist so schlimm daran, als die Barbies den Kens Drinks bringen und die Füße massieren? Es wird nahegelegt, dass dies wohl schon Sexismus und Patriarchat sei. Aus durchaus zeitgeistkompatibler (radikal-)feministischer Lesart her ist es das wohl.

Seit einigen Jahren hat sich der Begriff Trad Wife für Frauen etabliert, die sich zu einer traditionellen Rollenverteilung in der Familie bekennen. Es handelt sich um Frauen, die sich in der Rolle wohl fühlen, als Hausfrau und Mutter zu wirken und ein heimeliges Zuhause zu erschaffen, statt zu versuchen, die Karriereleiter emporzuklettern. Erwartungsgemäß genießen diese Frauen aktuell in der breiten Öffentlichkeit kein hohes Ansehen, um es gelinde auszudrücken. Ich frage mich aber, was daran verwerflich sein soll. Schließlich handelt es sich bei Haus- und Erziehungsarbeit durchaus um wertvolle, auch wirtschaftlich wertvolle Arbeit. Wer etwas anderes behauptet, soll mir erläutern, warum Haushaltshilfen, Köche, Babysitter und Erzieher Berufe sind, mit denen man Geld verdienen kann.

Die (unbeabsichtigte) Schlüsselbotschaft

Wenn man sich den Film aufmerksam ansieht, wird man auf einige Botschaften stoßen, die er – bewusst oder unbewusst – kolportiert. Zum einen wird hier implizit die Geschlechterdualität affirmiert. Barbies und Kens koexistieren in Barbieland in völlig unterschiedlichen Sphären. Sie sind eindeutig aufeinander bezogen, auch wenn die Barbies im Mittelpunkt stehen und die Gesellschaft am Laufen halten.

Die Barbies versuchen bei der Ausübung ihrer jeweiligen beruflichen Tätigkeiten auch nicht, ihre Weiblichkeit zu negieren und sich maskuline Züge anzueignen. Sie verzichten auf das Opfer ihrer Weiblichkeit, um im Beruf erfolgreich zu sein.

Vielsagend ist, dass Mattel offenbar ein Problem damit hat, dass sich Kens “Mojo Dojo Casa House” besser verkauft als Barbies Traumhaus. Schließlich solle ja Barbie im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen – nicht der Sidekick Ken. Warum das so sein soll, wird im Film nicht erklärt. Man müsste wohl auf die außerfilmische Realität verweisen, die die Glorifizierung von Maskulinem per se argwöhnisch sieht, weil das Mainstream-Narrativ nicht dazu in der Lage ist, zwischen “toxischer” Maskulinität und zur Femininität komplementärer Maskulinität zu unterscheiden.

Man kann den Kens nicht unterstellen, dass sie die – objektiv langweilige – Barbiewelt in ein dystopisches Patriarchat verwandelt hätten, in denen die Barbies unterdrückt und ausgebeutet werden. Vielmehr entscheiden sich die Barbies, ihren Kens Aufmerksamkeit zu schenken – wonach sich letztere die ganze Zeit gesehnt hatten. Warum dieses partnerschaftliche Verhältnis etwas Negatives sein soll, wird kaum begründet. Suggeriert wird hier, dass die Frauen ihre Talente “verschwenden”. Überzeugend ist das aber nicht.

Tatsächlich wirkt diese Welt mit der partnerschaftlichen Ausgestaltung der Beziehungen statt einseitiger Vergötterung weitaus attraktiver. Die Kens verstehen, dass sie sich nicht als Anhängsel ihrer Barbies sehen müssen, sondern eine eigene Persönlichkeit besitzen dürfen.

Unfreiwillig dürfte der Film jedenfalls die Botschaft vermitteln, dass eine partnerschaftliche Aufteilung der Königsweg ist – nicht etwa das zeitgeistkongruente Mantra, dass Frauen die besseren Menschen und Männer evolutionär zurückgeblieben seien.

Mütter-Bashing als Bonus

In zwei Szenen wird suggeriert, dass sich Frauen zur Selbstverwirklichung unbedingt vom Kinderwunsch distanzieren sollten. Die Eingangsszene zeigt eine Reihe bebrillter Mädchen, die mit Babypuppen spielen. Dies sei der Normalfall gewesen – Mädchen, die Mutter spielen und sich um ihre Babys kümmern. Dann aber kam Barbie und begeisterte die Kleinen. Daraufhin fangen sie an, die Babypuppen zu zerschlagen. Insinuiert wird, dass sie sich von ihrer als fesselnd empfundenen Rolle als Mütter befreien wollen, so wie sich Gefangene von ihren Ketten lösen. Dass sie dabei die Puppen zerschmettern, wirft einen dunklen Schatten auf die Implikation, dass hier (vermeintlich) Babyleben ausgelöscht werden. Eine Anspielung auf Abtreibung? Vielleicht. Zumindest aber eine Verkürzung der Rolle der Frau um ihre Rolle als Mutter.

Ebenso verhält es sich mit der Rolle der schwangeren Barbie, deren Produktion eingestellt wurde. Sie taucht im Film – nach meiner Zählung zwei Mal – kurz auf und wird in despektierlich-humorvoller Manier als lachhaftes Kuriosum abgetan. Natürlich: Über die Frage, ob man jungen Mädchen die Themen Schwangerschaft und Geburt auf diese Weise vermitteln möchte, ist diskussionswürdig. Gleichzeitig fügt sich dieses Phänomen aber nahtlos in das universale feministische Narrativ ein, dass Kinder eine Art “Fessel” für die Frau bedeuten und sie von ihrer Entfaltung und Selbstverwirklichung abhalten. Die Selbstverständlichkeit, mit der die schwangere Barbie als absurd abgetan wird, entspricht vollkommen dem antinatalistischen Zeitgeist des Westens.

Resümee

Bei aller Kritik darf man nicht vergessen, dass es sich beim Barbie-Film um einen Fantasiefilm handelt, der sich hauptsächlich mit erfundenen Welten und erfundenen Persönlichkeiten auseinandersetzt. Die Zielgruppe dürfte sich vor allem im Pre-Teen- und Teenager-Alter befinden. Ob diese sich tatsächlich Gedanken über die potenziellen politischen Implikationen machen, darf stark angezweifelt werden.

Für ein propagandistisches Machwerk ist der Film zu wenig moralisierend – auch wenn das Salbadern und Lamentieren über die vermeintliche Geringschätzung von Frauen unvermeidlich ist. Dies steht aber nicht im Vordergrund. Eine Produktion dieser Größenordnung ist darüber hinaus ohne eine gewisse politisch-korrekte Komponente wohl gar nicht möglich. Man sollte sicher nicht darüber hinwegsehen und die versuchte Einflussnahme auf junge Gehirne durchaus kritisieren, aber sie auch nicht überschätzen.

Wohl eher unfreiwillig als bewusst beharrt der Film auf einem strikten Geschlechterdualismus und traditioneller Rollenverteilung – auch wenn die Barbies allesamt berufstätig sind. Geschlechtsspezifische Klischees werden betont. Besonders sticht die Szene hervor, als die verrückte Barbie der Protagonistin vor die Wahl stellt, in Barbieland zu bleiben oder in die reale Welt zu reisen (die Szene parodiert den Schlüsselmoment von Matrix mit den beiden Pillen). Barbie will sich für den Verbleib in Barbieland entscheiden, was aber von der verrückten Barbie nicht zugelassen wird. Ein bemerkenswerter Moment der Ehrlichkeit, sind es doch vor allem Männer, die sich auf Abenteuer und Heldenreisen einlassen, während Frauen eher dazu tendieren, sich den Gegebenheiten anzupassen.

Insgesamt ist der Film besser als erwartet, weil er im Gegensatz zu anderen Hollywood-Produktionen nicht zwanghaft versucht, dem unbedarften Zuseher woke Inhalte zu vermitteln. Bei ihm stehen auch – wenige Ausnahmen bestätigen die Regel – politische Inhalte nicht im Vordergrund. Man kann nicht von einem Propagandamachwerk sprechen, wie dies einige rechte und konservative Kommentatoren tun. Für einen zeitgenössischen Film mit einem so hohen Budget ist er auf jeden Fall bemerkenswert. Ein paar witzige Szenen sind sogar ganz unterhaltsam.

Zu empfehlen ist der Barbie-Film eher nicht. Dafür ist er inhaltlich zu langweilig. Aber es spricht auch nichts dagegen, Kinder diesen Film sehen zu lassen. Die Chancen, dass sie den Kinosaal als gehirngewaschene Zeitgeistwiederkäuer verlassen, ist verschwindend gering.

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