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Wahrer Sagenknecht und die aufgewärmte Kuttelsuppe

Seien wir mal ehrlich: Das Geschlecht interessiert doch keinen! Warum also sollte ich Deutschlands neuen alten Polit-Shootingstar also nicht, bingo-bongo, zum Pimmelträger umdeklarieren? Böse Zungen munkeln (O-Ton Tim Kellner), dass so etwas im Deutschen Bundestag mittlerweile gang und gäbe sei.

Zugegeben, der vielleicht etwas plumpe Spoonerismus im Titel mag von unerhörter Schlichtheit sein – einen wahren Kern enthält er allemal. Denn was als neu, frisch und der neue geile Scheiß auf der Politbühne angepriesen wird, ist nichts anderes als der faulige Hauch der Vergangenheit.

Die Protagonistin der neuen Partei, Sahra Wagenknecht, ist in der BRD kein unbeschriebenes Blatt. Schon ihre Präsenz als Galionsfigur des deutschen Sozialismus und optisch überaus ansprechender iranisch-deutscher Hybrid-Phänotyp garantiert ihr einiges an Sympathie. Auch ihr Schlachtruf gegen Wokistan oder ihre Kritik am Coronismus dürfte sie für viele als Alternative zur herrschenden Orthodoxie erscheinen lassen. Doch hélas, schaut man hinter die glänzende Fassade, stellt sich ganz schnell Ernüchterung ein.

Mag sein, dass sie einige Wahrheiten ausplaudert – aber ist das heutzutage schon das ganz große Ding? Soll man jemanden, der in der Bunten Republik noch nicht vollends den Verstand verloren hat, nun schon als Idol ansehen? Unter der propagandistischen Dauerbombardierung aus Hofberichterstattung, Halbwahr- und Fake-Nachrichten, tendenziösem Framing und himmelschreiendem Gaslighting ist man ja dankbar für jeden Funken Wahrheit und Anstand, der sich den Weg durch das Gemenge bahnt. Aber einem eine neue Partei mit uralten Rezepten als neue Segnung aufzutischen, entbehrt dann doch jeder Ratio.

Inhaltsleere verbalisiert – die Politvokabel schlechthin: Soziale Gerechtigkeit

Die Sage von der sozialen Gerechtigkeit ist ein Dauerrenner unter den politischen Angeboten. Kein anderes Schlagwort ist wohl im bundesrepublikanischen Politjargon beliebter – und keines so gummiparagraphenhaft. Es kombiniert in seiner Amöbenhaftigkeit gleich zwei hochideologisch aufgeladene Begrifflichkeiten, deren Definition die, die es verwenden, stets schuldig bleiben: sozial und gerecht. Was ist sozial? Was ist gerecht? Allein mit diesen beiden Begriffen ließen sich mehrere Semester Vorlesungen in Philosophie, Geschichte, Psychologie und Politikwissenschaft füllen, ganze Enzyklopädien und Bibliotheken aus allen Epochen der Menschheitsgeschichte ausstaffieren und mehrere Menschenleben durchdebattieren. Damit ist die soziale Gerechtigkeit der prototypische Ausdruck der Politvokabel schlechthin. Alle reden darüber – und niemand weiß, was eigentlich gemeint ist.

Die ewige linke Selbsttäuschung

Die politische Linke hat ganz eigene Vorstellungen davon, wie die o. g. Fragen beantwortet werden sollten. Wobei sie – zumindest in der gesamthistorischen Bilanz bis dato – eher schlechte Antworten geliefert hat. Ihre Auffassung von einer sozial gerechten, solidarischen Gesellschaft endeten regelmäßig in – bildhaft gesprochen – Kuttelsuppe. Ob ich damit dezent auf die blutigen Auswüchse in der Sowjetunion, Kuba, China oder doch Kambodscha anspiele, sei jedem Leser selbst überlassen.

Das alte Argument, man habe es ja nie wirklich mit “richtigem” Sozialismus/Kommunismus/Marxismus/Leninismus oder welcher Spielart auch immer versucht, sollte nach dem x-ten unter Realbedingungen unter Berücksichtigung sämtlicher Einflussgrößen wie Kultur, Ethnie, historischem Kontext, Geographie, Dauer u. a. ad nauseam nun endlich ein Fazit vorgehalten und damit ein Riegel vorgeschoben werden. Nein, die sozialistischen Lösungen in ihrer jeweiligen konkreten Ausgestaltung führen statt höherem Lebensstandard und mehr Wohlstand und Erfüllung regelmäßig ins Chaos und den Totalitarismus. Das ist das Wesen dieser Ideologie, wie inzwischen von den glühendsten Verfechtern dieser Denkrichtung empirisch erwiesen wurde.

Neue Verpackung – modriger Inhalt

Wer sich einmal – wie auf dem Internetauftritt des Noch-Bündnisses und der Bald-Partei – mit den Inhalten von Sahra Wagenknechts neuester Iteration einer politischen Bewegung auseinandersetzt, wird schnell zu der Einsicht gelangen, dass es sich um alten Wein in neuen Schläuchen handelt. Und natürlich taucht unter den Schlagwörtern an prominenter Stelle der Gummibegriff soziale Gerechtigkeit auf. Daneben genauso prominent: Frieden. Und – für jemanden, der sich einmal mit linksgedrehter Politik beschäftigt hat, einfach an patziger Realitätsferne nicht zu überbieten – “wirtschaftliche Vernunft“. Fehlt eigentlich nur noch “Reichtum für alle”, nebst “Menschheitsliebe”.

Dass man sich beispielsweise um eine Normalisierung der Beziehungen zu Russland bemühen wird oder auf eine Einhaltung fundamentaler Grundrechte aller Bürger pocht, ist ja durchaus vernünftig – aber beides stellt keineswegs einen USP des Projekts dar. Dann bleibt man doch lieber beim Original, das auch schon über Struktur, Erfahrungen und Mandate verfügt – die AfD. Die Wenigsten dürften sich von dem Angebot der Ewiglinken angesprochen fühlen. Hält man sich vor Augen, dass die Kernzielgruppe von der etablierten Politik Entfremdete sein dürften, wird das Bündnis Sahra Wagenknecht einen schweren Stand haben, denn dieses Bevölkerungssegment ist mittlerweile fest in den Händen der blauen Partei. Mag sein, dass es die ein oder anderen Versprengten gibt, die die AfD “zu rechts” finden (wobei mir jemand immer erst erklären muss, was das heißen soll) und deshalb dankbar für das Angebot sind. Aber dass die Alternative für Deutschland einen substanziellen Aderlass an die neue Konkurrenz wird hinnehmen müssen, das darf getrost als Ammenmärchen abgetan werden.

Die Gretchenfrage Migration

Alleine schon die inkonsequente Haltung zum Dauerbrennerthema Migration, das derzeit die meisten Wähler umtreiben dürfte, unterstreicht, dass das Bündnis Sahra Wagenknecht hier keine Wende herbeiführen wird. So heißt es dazu:

Rechtsextreme, rassistische und gewaltbereite Ideologien jeder Art lehnen wir ab. […] Zuwanderung und das Miteinander unterschiedlicher Kulturen können eine Bereicherung sein.

(Hervorhebung von mir, G. C.)

Quelle: https://buendnis-sahra-wagenknecht.de/themen/freiheit/

Der reflexhafte Rekurs auf den Rechtsextremismus, der Verweis auf das sloganeske “Diversity is our strength” und der zaghafte Hinweis an derselben Stelle, man müsse eben auf ein verträgliches Maß bei der Zuwanderung pochen, lassen erahnen, wohin die Reise hier gehen wird: In puncto Migration und Asyl wird sich mit dem BSW gar nichts ändern.

Potenziale und linke Pollution

Am ehesten gibt es für “sozialpatriotisch” gesinnte Bürger im Osten der Republik noch etwas für das neue Bündnis abzugreifen. Aber auch dort wird man angesichts der anfangs breit medial kolportierten Zahlen enttäuscht sein. Während beim ersten Anlauf im Westen nicht mehr als 0,5-1 % der Stimmengewinn von der AfD drin sind, könnten es im Osten durchaus 2-2,5 % sein. Viel stärker wird aber der Zulauf von den anderen Parteien sein. Die Zielgruppe der neuen Partei hat ja eindeutig wesentlich bedeutendere Überschneidungen mit der Klientel links der Mitte. Eher von SPD, Grünen und vor allem der Linkspartei sollten sich Stimmen für die Neugründung generieren.

Dass es allerdings schon bei den nächsten Landtagswahlen etwas zu holen gibt, scheint mir mehr als zweifelhaft. Die 5%-Hürde ist für derart neue politische Kräfte ohne entsprechende Strukturen und Bekanntheitsgrad schwer zu nehmen. Zumal sich die Attraktivität der Partei voll und ganz auf die Zugkraft ihrer prominenten Zugstute mit der süßen Schnute stützen wird. Da aus dem Stand jeden 20. Wähler zu überzeugen, ist kein Zuckerschlecken. Meine Prognose lautet, dass die Partei bei den Landtagswahlen knapp den Einzug verpassen wird. Wobei freilich noch lang hin ist, bis im Herbst kommenden Jahres tatsächlich gewählt wird.

Wahlergebnisse wie die, die sich aus einer aufmerksamkeitsheischenden Umfrage wie der folgenden von vor 6 Wochen suggerieren lassen, dürften eher journalistischem Sensationalismus und ggf. linksgedrehtem Wunschdenken und feuchten Träumen als realen Wahlabsichten entspringen:

Nach Erhebung von INSA für BILD, eigene Darstellung

Anders dürfte es freilich bei den Europawahlen im Mai aussehen. Hier wird ohnehin oft verstärkt “Anti-Establishment” gewählt, was Neugründungen zugute kommt. Die 5%-Hürde greift auf EU-Ebene nicht. Außerdem dürfte das Bündnis auch dann aus dem Vollen schöpfen können, weil die Europawahlen noch recht früh im Jahr 2024 stattfinden werden und bis dahin noch auf eine Anfangseuphorie unmittelbar nach offizieller Parteigründung gebaut werden kann.

Fazit

Was darf man konkret vom Bündnis Sahra Wagenknecht erwarten? Prinzipiell wird es sich um eine weitere Spielart des Splittergruppensozialismus handeln, um eine weitere linke Partei für das inzwischen – bis auf die AfD – vollkommen linksgedrehte Establishment der BRD. Mag sein, dass es tatsächlich Schnittmengen mit der echten Opposition gibt, die sich allerdings auf die Bereiche Außenpolitik und Anti-Wokismus beschränken dürften. Schon beim Thema Meinungsfreiheit allerdings klaffen die Vorstellungen meilenweit auseinander: Hier bleibt das Bündnis – nach allem, was man bisher über es weiß – im völligen Einklang mit den übrigen linken Parteien der Linie treu, man dürfte “Rechtsradikalen”, “Faschisten” etc. pp. keine Plattform bieten. Nach einer anfänglichen Phase der Euphorie wird sich Sahra Wagenknecht mit ihrer neuen Partei in der parteipolitischen Landschaft der BRD integrieren und im linken Spektrum wird ein heiteres Stühlerücken beginnen. Grüne, SPD und Linke werden mit dem BSW Abgeordnete und Mandatare tauschen. Vielleicht zieht es gar den ein oder anderen Unionspolitiker oder FDP-ler zur Neugründung. Aber für einen fundamentalen Politikwechsel steht die neue Partei nicht. Dafür hat sie weder Ideen und Konzepte noch Personal. Aber aus der Sicht einer Profilschärfung der AfD und der übrigen linken Parteien ist das Aufkommen einer neuen politischen Kraft immerhin zu begrüßen.

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